Das schwere Los der Ärzte?

Jul 29, 2020
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BRAINWAVE INSIGHTS

Das schwere Los der (niedergelassenen) Ärzte?

Die Digitalisierung ist eine zweischneidige Klinge, zum einen birgt sie enorme Potenziale für die medizinische Versorgung in der Zukunft und gleichzeitig bedeutet sie radikalen Wandel und hohe Investitionen auf dem Weg dahin. Sagen wir mal so, die Ärzte spüren im Moment eher die schmerzhafte Seite dieser Klinge. Im Prinzip ändert sich so gut wie alles für den Arzt:

Der Patient wandelt sich zum digitalen und mündigen Gesundheits-Konsumenten, der seine Gesundheitsdaten selbst trackt, versteht und proaktiv vorsorgt. Die Interaktion mit diesen informierten Patienten erfordert ein Gespräch auf Augenhöhe und ein kollaboratives Zusammenarbeiten. Dadurch ändert sich das Rollenverständnis des Arztes vom "Halbgott in Weiß" zum (On-Demand) Dienstleister. Der medizinische Fortschritt und das Wissen wächst exponentiell: Heute verdoppelt sich das medizinische Wissen alle 73 Tage - also innerhalb von 0,2 Jahren. Dadurch verändern sich die Werkzeuge eines Arztes: neue Medizingeräte, Sensoren, Behandlungsmöglichkeiten durch intelligente Algorithmen und stetig wachsende Gesundheitsdatenbanken lassen den potenziellen Wissenspool eines Arztes auf eine fast unbeherrschbare Größe anwachsen. Umfassende Datenauswertungen werden zu einem festen Bestandteil der ärztlichen Diagnose gehören. Zudem werden die strukturierten Daten und intelligenten Algorithmen die Wertschöpfung eines Arztes transparent und vergleichbar machen. Und zu guter Letzt müssen Ärzte auf einmal in IT-Infrastruktur und -Fähigkeiten investieren - Skills, die ein Medizinstudium auch heute noch nicht abdecken.

Diese 180-Grad-Wandlung des zu versorgenden Patienten, des Rollenverständnisses des Arztes und des technologischen Fortschritts ist in einer Zeitspanne (ca. 10 Jahre) geschehen, die geringer ist als die Ausbildung zum Facharzt (11-12 Jahre). Und die Ärzte, speziell die Niedergelassenen Ärzte, wehren sich!

Ein Brief an Jens Spahn: Diese Woche sendete die Kassenärztliche Bundesvereinigung zusammen mit allen kassenärztlichen Vereinigungen einen Brandbrief an den Gesundheitsminister. Spahn symbolisiert den digitalen Wandel und hat in den letzten zwei Jahren Gesetzestexte, Deadlines und Sanktionen mit diesem verknüpft. Geschlossen stellen sich die Ärzte nun gegen die Pläne von Spahn. Zu schnell, zu viel Aufwand, zu viel Druck und Sanktionen. Der Brief nennt das Kind beim Namen:

"Gegenwärtig ist den Niedergelassenen der Mehrwert digitaler Anwendungen nicht mehr zu vermitteln“. 

Aber rechtfertigt der digitale Wandel und die damit verbundenen Schmerzen wirklich eine derart ablehnende Haltung? Wir sagen Jaein.

Warum? Der Brief hält uns einen Spiegel vor, wie einer der wichtigsten Marktteilnehmer über die Digitalisierung denkt und diese Einstellung einen längst überfälligen Fortschritt behindern könnte. Ohne den Support der Ärzte wird es nicht gehen bzw. wird der Wandel unnötig langsam. Wir brauchen die niedergelassenen Ärzte, um die Vision einer umfassenden ePA zu verwirklichen, welche die Zukunft von Gesundheitsdatenbanken legt und damit den Schlüssel zu neuen Therapien und Erkenntnissen. 

Nun ist dies keineswegs ein triviales Thema, wozu es eine eindeutige Lösung gibt. Der Versuch die Digitalisierung zu stoppen, ist ein vergebener. Der momentane digitale Kraftakt für Niedergelassene aber anscheinend ein zu Großer. Spahn muss hier einen Mittelweg finden: Zum einen dürfen wir die Ärzte jetzt nicht abhängen und zum anderen dürfen wir als Deutschland auch keine Zeit mehr verlieren. Wir sind sehr auf die Reaktion aus dem Ministerium gespannt! Aber gleichzeitig glauben wir, dass viele Akteure im Gesundheitswesen erst mehr (und ja schmerzhaft) investieren werden müssen, um später die Lorbeeren für die Digitalisierung zu ernten.

REGULARIEN

Die Ärzteschaft rebelliert gegen Jens Spahns Digitalisierungspläne

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und alle 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) haben am letzten Freitag (24.07.) einen gemeinsamen Brandbrief an Jens Spahn adressiert und darin die Umsetzung der Digitalisierungspläne kritisiert. Sie fordern unter anderem weniger Sanktionen und Kosten für die Ärzteschaft und funktionsfähige IT-Systeme. Mehr

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Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen gegen die COVID-19 Pandemie

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